• In der Analyse, wie ich sie verstehe, liegt die Ursache des Krieges allgemein nicht in der Existenz von Waffen, sondern in der von Klassengesellschaft. Die Menschheit hatte über Jahrmillionen verschiedene Waffen, allerdings organisierte Kriegsführung (außerhalb von Ausnahmen) erst, seit sich Stammeskulturen diesen durch Überschuss leisten konnten (und eine zusätzliche Motivation in der Erbeutung der Überschüsse und der Arbeitskraft des Anderen bestand).

    Tatsächlich gibt es die These, dass die Erfindung des Wurfspeers sogar eine Ära des verminderten Konflikts verursachte, da die Todesraten in Territorialkonflikten schlicht nicht tragbar waren, und Gesellschaften, die sich dennoch darauf einließen, schlicht nicht überdauern konnten. Natürlich nichts, was sich schnell hinlänglich beweisen lässt, man ist ja über jeden Archäologischen Fund erstmal froh, der ein kompletteres Bild überhaupt ermöglicht.

    Ich fand zu dem Thema “Warless Societies and the Origin of War” von Raymond C. Kelly sehr faszinierend zu lesen, durch eine materialistische Linse - auch weil dort auf die Unterschiede in Gesellschaften mit und ohne organisierte Kriegsführung in der anthropologischen Forschung eingegangen wurde (z.B. ein massiver Unterschied ist ein Verständnis von Kollektiv/Individualschuld respektive, aus der Kollektivschuld dann auch Konzepte wie “Blutrache” etc.)

    Während ich den Gedanken verstehe und eine Welt gänzlich ohne Rüstungsindustrie natürlich herbeisehne, glaube ich nicht, dass Waffen prinzipiell die grundlegende Ursache selbst sind, sondern eine Folge der unterliegenden Dynamik.

      • the_wiz@feddit.org
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        15 hours ago

        Klingt vielleicht erstmal utopisch, aber ich glaube der Ansatz aus dem alten Film “Der Tag an dem die Erde stillstand” könnte recht funktional sein: Eine Spezies unterwirft sich (und andere Spezies?) einer selbst geschaffenen KI, die ihnen zwar weitgehende Autonomie eröglicht aber jeden Versuch kriegerisch zu werden im Keim erstickt.

        Ich glaube persönlich ja nicht an eine Veränderung des Faktors Mensch an sich, es wird immer einen Grund gefunden werden können “DIE DA DRÜBEN!1!” anzugreifen… sei es Religion, wirtschaftliche Faktoren oder einfach nur der Glaube an die eigene Überlegenheit (oder Unterlegenheit).

      • Aus meiner persönlichen Sicht als Kommunist: Überwindung von Produktion für Austausch, Privatbesitz, Klassengesellschaft, Nationalstaat und bis dahin so weit es geht eine funktionierende, internationale Ordnung (UN und vergleichbare Institutionen). Letztere eben im Zweifel mit Waffengewalt aufrechterhalten (UN-Truppen haben etwa trotz aller berechtigter Kritik in meinen Augen nicht nur Skandale verursacht). Dass das erstmal für viele noch utopischer klingt, ist mir bewusst, allerdings glaube ich, dass die Geschichte insgesamt schon zeigt, dass derartige Organisationsformen möglich (aus meiner Sicht - für ein Verhindern des Rückfalls in Barbarei sogar notwendig) sind.

        Alles im Moment leider im Verfall, durch eine heran brechende Ära, die eher wieder an das 19. Jahrhundert und die Spannungen und “Einflusssphären” vor dem Ersten Weltkrieg erinnert (auch interessant dabei der Vergleich von globalisierter Wirtschaft im 19. Jh durch direkten Kolonialismus und Kanonenbootpolitik vs. in den letzten Jahrzehnten, durch ebenso globale Märkte). Ich bin leider ziemlich zynisch, so insgesamt, das gebe ich zu. Und ich glaube nicht an Ideale, die die Welt verändern können, sondern nur an materialistische Dynamiken und historische Momente, in denen dann plötzliche Umbrüche durch eine Untragbarkeit des vorherigen Status Quo entstehen können.

        Von daher auch, was ich zumindest persönlich im Moment am sinnvollsten halte: Organisations-, Kultur- und Machtbasis sowie einfach Überlebensfähigkeit jenseits von Marktdynamiken ausbauen, Menschen, die aus dem System fallen konkret helfen, die kommenden Katastrophen mit so wenig Leiden wie möglich zu überstehen, und ihnen Perspektiven und Wirksamkeit jenseits der sie ausbeutenden Dynamiken geben - und entgegen dem historischen Trend so lange und so gut wie möglich trotzdem internationale Standards, Verpflichtungen und Rechenschaft aufrechterhalten.

        • RoflmasterBigPimp@feddit.org
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          17 hours ago

          Überwindung von Produktion für Austausch, Privatbesitz, Klassengesellschaft, Nationalstaat und bis dahin so weit es geht eine funktionierende, internationale Ordnung (UN und vergleichbare Institutionen). Letztere eben im Zweifel mit Waffengewalt aufrechterhalten (UN-Truppen haben etwa trotz aller berechtigter Kritik in meinen Augen nicht nur Skandale verursacht). Dass das erstmal für viele noch utopischer klingt, ist mir bewusst, allerdings glaube ich, dass die Geschichte insgesamt schon zeigt, dass derartige Organisationsformen möglich (aus meiner Sicht - für ein Verhindern des Rückfalls in Barbarei sogar notwendig) sind

          Dem kann ich nur zustimmen 🤝